4.2013/14 JOURNAL
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»Ballette für Klavier und Stimme«
BALLETT
Repertoire
WENN TANZ UND MUSIK
in den Balletten
für Klavier und Stimme sich berühren, öff-
net das Spiel ihrer wechselseitigen Bewegun-
gen Räume für kammerspielähnliche Stim-
mungen, die ihremeigenenWeg folgen – ein
grenzüberschreitendes, auf Austausch set-
zendes Gespräch mit und ohne Worte. Und
ein spannungsreiches Zusammenkommen
der Künste zugleich. Gustav Mahler hat sei-
ne später sogenannten Rückert-Lieder
großteils im Sommer 1901 am Wörthersee
komponiert. Die bekannteste Zeile daraus,
jenes »Ich bin der Welt abhanden gekom-
men«, korreliert mit dem Titel des Balletts,
das John Neumeier im Frühsommer 2013
als neu choreografiertes Werk »Um Mitter-
nacht« nennt. Es ist ein Stück, welches in die
verborgenen Seiten der menschlichenNatur
vordringt, inspiriert durch Mahlers Musik,
von der Neumeier sagt, sie führe in Bereiche,
Wechselspiele von Tanz und Musik
Ballette für Klavier und Stimme
die uns im tiefsten Innern bekannt sind.
Demgegenübergestellt sind drei Ballette aus
der frühen Phase des Hamburger Chefcho-
reografen. »Kinderszenen«, 1974 uraufge-
führt, steht laut Neumeier als Skizze für viele
Ballette. »Petruschka-Variationen«,1976 kre-
iert für die Schwetzinger Festspiele, bezieht
sich weniger auf die Handlung des origina-
len »Petruschka«-Balletts von Fokine, son-
dern setzt sich vielmehr aus einer Reihe von
Tänzen zusammen, deren »Ursprung und
Inspiration von der Form, dem Rhythmus
und der Stimmung der Musik Strawinskys
bestimmt sind«, erläutert Hamburgs Ballett-
chef. Wenn Vaslaw Nijinsky, der epochale
Tänzer und Choreograf des 20. Jahrhun-
derts, und Johann Sebastian Bach sich be-
gegnen, leuchten gleich zwei Fixsterne im
Œuvre Neumeiers auf. Zu beiden großen
Figuren der abendländischen Kulturge-
Aufführungen
17. und 20. März
jeweils 19.30 Uhr
schichte hat Neumeier Schlüsselwerke vor-
gelegt.Mit »Vaslaw« schuf er 1979 ein Ballett
nach einem Plan von Nijinsky, der niemals
realisiert wurde, und verwendete Klavier-
stücke von Bach, welche die russische
Tanzikone bereits ausgewählt hatte. Tatsäch-
lich hat sich Nijinsky nach der Choreografie
von »Le sacre du printemps« mit einem
Bach-Ballett beschäftigt, das jedoch nie über
das Stadium eines Entwurfs hinausgekom-
men ist.
Christopher Park
, der in diesem Jahr
mit dem begehrten Leonard Bernstein
Award ausgezeichnet wird, spielt amKlavier
die Werke von Schumann, Strawinsky und
Bach.
Daniel Ochoa
, Ensemblemitglied an
der Wiener Volksoper, singt die »Rückert-
Lieder«, begleitet von
Cristian Peix
.
F OTO S : HO LG E R B A D E KOW