Dementsprechend werden sie auch wahr-
genommen. Ich habe etwa die Drei Stücke op.
7 und die Suite e-Moll op. 16 erst durch das
Reger-Projekt kennengelernt. Und ich habe
festgestellt, dass es nichts Hartnäckigeres
gibt als angelesene Vorurteile. Gerade die
wunderbare e-Moll-Suite, die mit ihrer Spiel-
dauer von rund 45
Minuten
natürlich
ein unglaublich über-
spanntes Stück ist,
war für mich eine
große Entdeckung.
Und dass das Prä-
ludium & Fuge
C-Dur eine Bach-
Kopie sein soll, ge-
hört für mich eben-
falls zu den weiter
geschriebenen
Vor-
urteilen. Für mich hat
die Fuge ganz starke
Anklänge
an
die
„Händel-Variationen“
von
Brahms,
die
Reger
nachweislich
gespielt hat.
Für die erste Folge Ihrer Gesamteinspielung
haben Sie gleich vier Orgeln ausgewählt …
Ich wollte Instrumente der Reger-Zeit ver-
wenden, aber auch neuere Instrumente, die
die Reger´sche Klangvorstellung abbilden.
In Wiesbaden, wo Reger die e-Moll-Suite
komponiert hat, habe ich diese sowie das
Opus 7 eingespielt. Und neben der wichtigen
Reger-Stätte München mit ihrer in St. Rupert
aufgebauten Maerz-Orgel durfte natürlich
nicht die Weidener Kirche St. Michael fehlen,
wo Reger Orgel gespielt hat – wenngleich an
einem Instrument, das längst Geschichte ist.
Neu erschienen:
Reger:
Das gesamte Orgel-
werk Vol. 1 (4 CDs),
Oehms Classics/Naxos
Abonnenten-CD: Track 14
RONDO: Max Regers Orgelschaffen gehört
zumindest für deutsche Organisten zum
festen Repertoire-Pfeiler. Können Sie sich
noch an Ihr erstes Reger-Erlebnis erinnern?
Bernhard Buttmann: Als Jugendlicher hatte
ich die Introduction & Passacaglia d-Moll
WoO gehört und war sofort von dieser Musik
fasziniert.
Und
mit
diesem Stück, das nun
ebenfalls auf der ersten
Folge der Reger-Gesamt-
aufnahme zu hören ist,
habe ich mich dann erst-
mals auch als Organist
beschäftigt. Trotz seiner
eigentlich kurzen Spiel-
dauer offenbart es den
ganzen, geballten Reger.
Und im Gegensatz zu
anderen Werken ist es
zudem von einer leid-
lichen Spielbarkeit.
Regers
Bewunderung
für Bach ist legendär –
was ihm bisweilen den
Ruf des neo-barocken
Epigonen
eingebracht
hat …
Es war der Reger-Freund Karl Straube, der
schon früh darauf hingewiesen hat, dass die
Beziehung Regers zu Bach nicht so eng war
wie man heute annimmt. Natürlich war er
bei Bach zutiefst beheimatet. Mein Ansatz ist
aber ein ganz anderer. Ich versuche, Reger als
ein Kind des späten 19. Jahrhunderts zu be-
greifen. Seine musikalische Herkunft ist von
Beethoven, Schumann und nicht zuletzt von
Brahms und auch von Wagner bestimmt. Und
gerade in seinen frühen Orgel-Werken hat er
sich enorm aus dem Fenster gelehnt, was die
Harmonik angeht.
Trotzdem hat Reger gerade seine Werke von
op. 1 bis op. 20 einmal als „vollendeten Mist“
abgetan.
„In
seinen
frühen
Orgel-
werken
hat er
sich harmonisch
enorm aus dem
Fenster gelehnt.“
15
Foto: Dorothee Falke
Max Reger
Wertvoller „Mist“
2016 jährt sich der 100. Todestag von Max Reger.
Bis dahin hat Bernhard Buttmann Regers Orgel-
werk eingespielt und mit manchen Klischees
aufgeräumt.
Von
Gu ido F i scher
Bernhard
Buttmann